Bei Raumtemperatur sind alle bindemittel- und festkörperreichen Lacke und Farben in Abhängigkeit der aufgebrachten Schichtdicke und dem Umgebungsklima erst nach fünf bis 14 Tagen durchgetrocknet. Wenn mehrere Schichten an einem Arbeitstag aufgetragen werden, können diese Flächen noch wochenlang nach Lösemitteln riechen, Risse bilden und ihre Beständigkeit einbüßen. Wir möchten Ihnen die Thematik der richtigen Trocknung von Lacken und Farben mit den folgendem Themen gerne näher bringen:
- Grundlegendes zur Trocknung
- Farbtonveränderung
- Einbrennen, Ofentrocknung und Hitzehärtung
- Forcierte Trocknung
- Die RGT-Regel
- Unser Hinweis
Grundlegens zur Trocknung
Wenn mit einem für den Verwendungszweck geeignetem Mischaufbau von Farbe, Lack, Grundierung, usw. gearbeitet wird, ist eine Zwischentrocknung eines jeden Produkts bzw. einer jeden Schicht über Nacht - oder mindestens 16 Stunden bei 20°C und 55% relativer Luftfeuchte - notwendig. Ausnahmen durch Herstellerangaben sind nur gemäß der, in den Datenblättern aufgeführten Angaben, umsetzbar.
Nicht durchgetrocknete Beschichtungen dürfen auch nicht frühzeitig mit Dichtstoffen behandelt werden, da es ansonsten zu Wechselwirkungen und ggf. sogar Oberflächenschäden kommen kann.
Farbtonveränderung
Im nassen Zustand wirken Lacke und Farben aufgrund der Lichtbrechnung zunächst wesentlich heller. Die noch nasse Fläche ist zudem erheblich dicker, wodurch die Farbpigmente weiter von einander entfernt sind und so durch Lichteinfluss verfälscht wargenommen werden. Dieser Effekt wirkt (sehr) aufhellend/abdunkelnd - eine komplette Farbtonverschiebung wie z. B. von Weiß zu Grau findet jedoch nicht statt.
Erst nach der kompletten Durchtrocknung, gemäß technischem Merkblatt, ist die Bewertung des Farbtons und dessen Deckkraft möglich.
Einbrennen, Ofentrocknung und Hitzehärtung
Einbrennen, auch häufig als "Ofentrocknung" oder "Hitzehärtung" bezeichnet, steht für das Auslösen der chemischen Vernetzungsreaktion der Bindemittel (Aushärtung) in Lacken und Farben durch Wärme. Je nach Bindemittelart sind hierfür Temperaturen von ca. 80-180°C erforderlich und ist nur für hitzeunempfindliche Materialien geeignet. Holzbauteile z. B. neigen unter solchen Temperaturen zu Verziehen und Rissbildung.
Forcierte Trocknung
Forciertes Trocknen beschleunigt die Trocknungsphase von Lacken, wobei es keine Rolle spielt, nach welcher Art die entsprechenden Lacke trocknen. Mit Temperaturen von ca. 35-60°C in Abhängigkeit des Bauteils wird durch die forcierte Trocknung der jeweilige Trocknungsprozess beschleunigt:
- bei physikalisch trocknende Lacken wird das Verdunsten der Löse- und Verdünnungsmittel beschleunigt und
- bei chemisch trocknenden Lacken die Geschwindigkeit in der die chemische Aushärtereaktion stattfindet.
Die RGT-Regel (Reaktionsgeschwindigkeit-Temperatur-Regel)
Eine Temperaturerhöhung von 10°C verdoppelt in etwa die Geschwindigkeit mit der eine chemische Reaktion abläuft. Diese Näherungsregel besagt, dass alle Arten von chemischen Reaktionen bei einer Erhöhung der Temperatur um 10°C doppelt so schnell stattfinden. Dies gilt auch für die chemischen Aushärtungsprozesse der reaktiven Lackbindemittel.
Im Umkehrschluss verlangsamt eine tiefere Temperatur die chemische Reaktion. Wenn z. B. die Topfzeit eines 2K-Lackes bei 20°C ca. 8 Stunden beträgt, verdoppelt sich die Topfzeit auf ca. 16 Stunden, wenn der Lack bei einer Temperatur von 10°C gelagert werden würde.
In der Lacktechnik wird die RGT-Regel beim forcieren der Trocknung angewendet um die Trocknungszeit bis zur Grifffestigkeit, Stapelbarkeit oder Verpackbarkeit stark zu verkürzen.
Wichtig! Schwere oder dicke Bauteile benötigen eine gewisse Zeit bis diese auf die gewünschte Temperatur erwärmt sind. Alle Trockenzeiten verstehen sich erst ab dem Zeitpunkt, an dem das Bauteil selbst die gewünschte Temperatur angenommen hat.
Unser Hinweis
Die richtige Lack-Trocknung ist ein ernst zunehmendes Thema und sollte nicht als Nebensächlichkeit abgetan werden. Ebenso werden die Begriffe "Einbrennen", "Ofentrocknung" und "Forcierte Trocknung" gerne verwechselt, obwohl diese für die technische Trocknung gänzlich andere Bedeutungen haben. Wie so oft steckt hier der Teufel im Detail.