Die korrekte Trocknung von Lacken und Farben ist entscheidend für das Endergebnis, die Haltbarkeit und die Optik Ihrer Beschichtung. Raumtemperatur allein reicht oft nicht aus. Nachfolgend beleuchten wir die wichtigsten Aspekte der Trocknung, damit Ihre Projekte optimal gelingen.
Die richtige Trocknung von Lacken und Farben ist ein ernstzunehmendes Thema, das nicht als Nebensächlichkeit abgetan werden sollte. Begriffe wie "Einbrennen", "Ofentrocknung" und "forcierte Trocknung" werden oft verwechselt, obwohl sie unterschiedliche technische Bedeutungen haben. Wie so oft steckt der Teufel im Detail, und die genaue Beachtung der Trocknungsbedingungen ist entscheidend für die Qualität und Langlebigkeit Ihrer Beschichtung.
Grundlegendes zur Trocknung
Bindemittel- und festkörperreiche Lacke und Farben benötigen, abhängig von Schichtdicke und Umgebungsklima, oft fünf bis 14 Tage zur vollständigen Durchtrocknung bei Raumtemperatur.
- Wichtige Regel: Bei einem fachgerechten Schichtaufbau (Farbe, Lack, Grundierung etc.) ist eine Zwischentrocknung jeder Schicht über Nacht – oder mindestens 16 Stunden bei 20°C und 55% relativer Luftfeuchtigkeit – zwingend notwendig.
- Herstellerangaben: Ausnahmen von dieser Regel sind nur gemäß den spezifischen Angaben in den technischen Datenblättern des Herstellers zulässig.
- Vorsicht bei Dichtstoffen: Nicht vollständig durchgetrocknete Beschichtungen dürfen nicht vorzeitig mit Dichtstoffen behandelt werden. Dies kann zu unerwünschten Wechselwirkungen und im schlimmsten Fall zu Oberflächenschäden führen.
Farbtonveränderung während der Trocknung
Im nassen Zustand können Lacke und Farben durch die Lichtbrechung wesentlich heller wirken. Die noch nasse Schicht ist zudem dicker, wodurch Farbpigmente weiter voneinander entfernt sind und das Licht anders wahrgenommen wird. Dieser Effekt kann (sehr) aufhellend oder abdunkelnd wirken, führt aber nicht zu einer kompletten Farbtonverschiebung (z.B. von Weiß zu Grau).
Eine exakte Bewertung des Farbtons und dessen Deckkraft ist erst nach der vollständigen Durchtrocknung gemäß den Angaben im technischen Merkblatt möglich.
Einbrennen, Ofentrocknung und Hitzehärtung
Diese Begriffe beschreiben das Auslösen der chemischen Vernetzungsreaktion (Aushärtung) von Bindemitteln in Lacken und Farben durch gezielte Wärme.
- Temperaturanforderungen: Je nach Bindemittelart sind hierfür Temperaturen von ca. 80-180°C erforderlich.
- Materialverträglichkeit: Diese Methode ist nur für hitzeunempfindliche Materialien geeignet. Holzbauteile beispielsweise neigen unter solchen Temperaturen zum Verziehen und zur Rissbildung.
Forcierte Trocknung
Die forcierte Trocknung beschleunigt die Trocknungsphase von Lacken, unabhängig von deren Trocknungsart. Dabei werden moderate Temperaturen von ca. 35-60°C (abhängig vom Bauteil) eingesetzt, um den Trocknungsprozess zu beschleunigen:
- Bei physikalisch trocknenden Lacken wird das Verdunsten der Löse- und Verdünnungsmittel beschleunigt.
- Bei chemisch trocknenden Lacken wird die Geschwindigkeit der chemischen Aushärtereaktion erhöht.
Die RGT-Regel (Reaktionsgeschwindigkeit-Temperatur-Regel)
Diese Näherungsregel besagt, dass eine Temperaturerhöhung von 10°C die Geschwindigkeit einer chemischen Reaktion (und damit auch die Aushärtung reaktiver Lackbindemittel) in etwa verdoppelt.
- Beispiel: Beträgt die Topfzeit eines 2K-Lacks bei 20°C ca. 8 Stunden, verdoppelt sie sich bei einer Lagerung bei 10°C auf etwa 16 Stunden.
- Anwendung in der Lacktechnik: Die RGT-Regel wird beim Forcieren der Trocknung angewendet, um die Zeiten bis zur Grifffestigkeit, Stapelbarkeit oder Verpackbarkeit von Bauteilen stark zu verkürzen.
- Wichtig: Schwere oder dicke Bauteile benötigen eine gewisse Zeit, um die gewünschte Temperatur zu erreichen. Alle angegebenen Trockenzeiten gelten erst ab dem Zeitpunkt, an dem das Bauteil selbst die Zieltemperatur angenommen hat.